• Weinberg in der Champagne. Foto: 80 GRAD

Champagner Guide-Blog


Vintage und Non-Vintage Champagner

Keiner spricht gerne über das Alter. Jedenfalls ist das unter Menschen so. Beim Thema Wein verhält es sich da schon wesentlich anders. Mit Jahrgängen wird unter Kennern gerne wild durch die Gegend geprahlt und all diejenigen, die sich nicht nicht so gut mit Wein auskennen, verstummen oft sofort in andächtiger Stille der Unwissenheit oder Scham.

Während das gekonnte Jahreszahlen-Dropping eine Sachkenntnis über Jahre und deren Wetterverhältnisse in bestimmten Lagen der Champagne voraussetzt, braucht die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Vintage und Non-Vintage Champagner nur ein kleines bisschen Grundwissen. Ein Leichtes, sich das in aller Kürze (am besten bei einem Glas Champagner) anzueignen. Tiefer in die einzelnen Jahrgänge einsteigen kann man immer noch.

Ob sonnenverwöhnt oder mit langen Regenperioden abgehärtet – jedes Jahr zeigt sich das Wetter verschieden und wirkt sich damit auf den Stil des Weins aus. Grundsätzlich unterteilt man Champagner daher in zwei Kategorien: jahrgangslosen Champagner – international auch als "Non-Vintage champagne“ oder im Französischen als „Brut Sans Année“ bekannt – oder Jahrgangschampagner, auch „Vintage Champagner“ oder „Millésime“ bezeichnet.

Jahrgangschampagner

Der signifikanteste Unterschied liegt darin, dass für einen Vintage Champagner 100 % des verwendeten Grundweins aus Trauben des angegebenen Jahrgangs stammen muss. Ohne Wenn und Aber.

Da die Jahrgänge im kühlen Klima der Champagne von Jahr zu Jahr stark schwanken, wird nicht aus jedem Jahr ein Vintage Champagner, sondern nur aus besonders guten. In der Regel werden etwa drei bis vier herausragende Jahre innerhalb eines Jahrzehnts zu Jahrgangschampagner verarbeitet. Der Klimawandel, der mittlerweile zu höheren Jahresdurchschnittstemperaturen beiträgt, sorgt jedoch dafür, dass immer regelmäßiger gute Jahrgänge produziert werden können.

Auch innerhalb eines Jahrgangs gibt es noch Unterschiede zwischen den Weinen – abhängig von der Anbauregion und spezifischen Lage, in welcher die Trauben gewachsen sind. Ein guter Jahrgang erzeugt daher nicht flächendeckend in allen Lagen die gleiche Qualität – der Grund dafür, dass die „guten“ Jahrgänge sich von Produzent zu Produzent unterscheiden können.

Einem Millésime wird zudem eine längere Lagerung auf dem Hefesatz zugestanden, damit sich aus ihrer exzellenten Grundqualität ein besonders ausdruckstarker Charakterwein entwickeln kann. Gesetzlich sind mindestens 36 Monate Reifezeit vorgeschrieben, aber in der Praxis lagern die an Qualität interessierten Produzenten ihre Champagner meist wesentlich länger: 5 bis 7 Jahre sind hier keine Seltenheit.

Da die Mengen entsprechend kleiner sind, da es sich nur um selektierte Jahrgänge und darunter auch oft nur um das beste Traubenmaterial oder den besten Grundwein handelt, macht der Vintage Champagner Markt nur einen kleinen Anteil des Gesamtmarkts aus.

Non-Vintage Champagner

Der Non-Vintage Champagner hat ein anderes Ziel als ein Jahrgangschampagner. Verschnitte unterschiedlicher Jahre sind hier nicht nur erlaubt, sondern sogar die Regel. Im Gegensatz zum Jahrgangschampagner, der eindeutig ein Jahr erkennen lässt, sucht der Champagnerproduzent im Non-Vintage Champagner nach dem charismatischen „goût de maison“, dem Geschmack des Hauses für welchen der Produzent bekannt ist.

Es sind oft die meistverkauften Champagner des Sortiments, daher versucht der Kellermeister aus dem aktuellen Jahrgang und im Keller eingelagerten Reserveweinen aus vergangenen Jahrgängen eine Cuvée zu erzeugen, die möglichst nah an den Geschmack des letzten Non-Vintage Champagners heranreicht. Das Ziel ist Balance und verlässliche Kontinuität, damit der Champagner-Genießer von Jahr zu Jahr das gleiche Genusserlebnis zelebrieren kann.

Um solch einen gleichbleibenden Stil trotz schwankender Witterungsbedingungen erzeugen zu können greifen sie auf eine Vielzahl unterschiedlicher Reserveweine zurück. Je größer und finanzstärker das Champagnerhaus, umso größer ist in der Regel auch die Anzahl der verfügbaren Reserveweine. Die „Assemblage“, das Zusammenfügen der einzelnen Weine, ist ein langwieriger, detailreicher Prozess. In aufwendiger Feinarbeit komponieren sie die Cuvée – vergleichbar mit der Arbeit eines Parfümeurs, der seine Mischung so lange verfeinert und verändert bis sie genau seinen Wünschen entspricht.

Kleinere Champagnerhäuser bedienen sich auch unterschiedlicher Reserveweine und -stile, können aber oft aus Lagerkapazitäts- und Kostengründen nicht eine so hohe Anzahl an Reserveweinen bereithalten. Je nach Besitzverhältnissen haben sie jedoch oft den Vorteil, die Lagencharakteristik ihrer einzelnen Parzellen durch separierten Ausbau besonders zu betonen. Die bei Winzerchampagner deutlicher spürbaren Unterschiede von Jahr zu Jahr sind im Kontrast zur Kontinuität der großen Häuser eine mindestens genauso spannende Abwechslung.

Die Qual der Wahl

Wie so oft ist die Entscheidung zwischen Vintage und Non-Vintage Champagner eine des Preises. Denn für die besonders guten Jahre muss man meist etwas tiefer in die Tasche greifen. Am Ende ist es daher eine Frage des Anlasses, der Stimmung, der Möglichkeiten oder manchmal auch des vorgesehenen Speisenbegleiters, welche dieser beiden Kategorien man wählt. Das wohl beste an diesem Dilemma: man kommt einfach nicht umhin zu verkosten! Denn nicht nur unter den Vintage Champagnern, sondern auch unter den Non-Vintage Champagnern finden sich wahre Meisterstücke und weniger herausragende Flaschen, die es genüsslich zu entdecken gilt.

Dieser Text wurde zuerst auf www.gouttesgouts.com veröffentlicht.